Explorative Literaturanalyse zum Thema: Paradigmen der Transsexologie

von Ingo Hohn, 1995 (Auszug aus der Diplomarbeit)

Auszug: Kapitel 3: Historische Grundlagen der Transsexologie

I. Das Paradigma der zwei sich ausschließenden Geschlechter

Es gibt zwei verschiedene Geschlechter, das männliche und das weibliche. Jeder Mensch gehört entweder dem einen oder dem anderen Geschlecht an, ist also entweder Mann oder Frau. Diese Feststellungen sind aber keineswegs so selbstverständlich, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. So bezeichnet Hirschauer (1992, S. 56) diese Unterscheidung als »eine kulturelle Leistung« und verdeutlicht damit ihre Konstruiertheit, bzw. ihren Charakter einer Setzung.

Es lässt sich zeigen, dass der Annahme von den zwei sich ausschließenden Geschlechtern Paradigmencharakter zukommt. Als wissenschaftliche Gemeinschaft, die diese Annahme vertreten hat und vertritt, können die wissenschaftlichen Vertreter des abendländischen Kulturraums seit der römischen Antike betrachtet werden, wozu noch die in den letzten 500 Jahren europäisch geprägten Regionen Amerikas hinzuzurechnen sind.

Wenn man auch im römischen Reich ein androgynes Prinzip in Kunst und Philosophie verherrlichte, so wurden doch die Menschen, die sich bei ihrer Geburt als abweichend von der traditionellen Geschlechter-Dichotomie darstellten (und damit Anomalien des Paradigmas der zwei sich ausschließenden Geschlechter waren), als ›monstra‹ und als fatales Omen in einem Reinigungszeremoniell getötet (vgl. Hirschauer 1992, S. 57).

In der abendländischen Kultur wurden zur Aufrechterhaltung der Geschlechter-Dichotomisierung Regeln aufgestellt, die eine Zuweisung zu einem der beiden Geschlechter ermöglichen sollten. So wurde im 6. Jahrhundert in die Gesetzessammlung des Justitian ein Vorschlag römischer Juristen des 3. Jh. aufgenommen, der speziell für Fälle genitaler Uneindeutigkeit bei der Geburt galt: Das ›Überwiegen‹ der Merkmale sollte entscheiden. Die Grundlage dieser allgemein akzeptierten theoretischen Annahme war, dass die Frage nach dem Geschlecht eines Menschen eine Frage nach anatomisch-genitalen Strukturen sei. Das Geschlecht sei das Ergebnis einer körperlichen Erscheinung, das im seltenen Zweifelsfall durch intensive Inspektion der Genitalen zu erkennen ist.

Da aber auch die Regelung der ausführlichen Begutachtung bzw. der Abschätzung der überwiegenden Anteile nicht immer zu eindeutigen Entscheidungen führte, entwickelte das mittelalterliche kanonische Recht eine zusätzliche Lösung: Ein geschlechtliches Wahlrecht für Zwitter. Der Vater legte bei der Taufe das vorerst beizubehaltende Geschlecht fest (s. Foucault 1980: VIII), aber im heiratsfähigen Alter konnte sich ein Zwitter selbst für ein Geschlecht entscheiden, indem er sich in einem ›promissorischen Eid‹ (Wacke 1989, S. 22) zu dem einen, gewählten Geschlecht bekannte und gleichzeitig dem anderen abschwor. Wenn diese Regelung auch als Kompromiss in schwierig zu entscheidenden Fällen angesehen wurde, so war doch die Ausschließlichkeit der Geschlechter, mit dem Zugeständnis der Verwechselbarkeit im Zweifelsfalle, gewährleistet.

Das dem Zivilrecht folgende Kirchenrecht löste das Problem der Namensgebung bei der Taufe dahingehend, dass man sich im Zweifelsfall für eine Zuordnung zum männlichen Geschlecht entschied. Diese Position schien darin begründet, dass man Zwitter nicht von den männlichen Privilegien ausschließen wollte, die ihnen möglicherweise zukamen. Stellte die Möglichkeit der Geschlechtswahl bei Vollendung der Volljährigkeit noch eine Art Lücke der vorkirchlichen Rechtsprechung in bezug auf die Regelung der Unveränderlichkeit der Geschlechter dar, so wurde im Rahmen der neuen Rechtsprechung ein Bruch des Geschlechtseides bis ins späte 17. Jh. als Sodomie mit dem Tode bestraft.

Später wurde dann die Frage diskutiert, ob ein Zwitter, der sich für ein Leben als Frau entschieden hatte, nach dem Tode des Gatten das Mannsein wählen könne, »weil er von der Natur der Gestallt begabet worden, dass er beyderley Geschlechte succesiue eine völlige Genüge leisten könne« (Zedler 1735, S. 1725). Bedeutsam ist daran vor allem, dass man sich zwar eine Doppelgeschlechtlichkeit vorstellen konnte, diese aber »succesiue«, also ›nachfolgend‹ bzw. ›sich ablösend‹ stattfinden sollte. Eine Doppelgeschlechtlichkeit als eine Vereinigung weiblicher und männlicher Eigenschaften im Sinne einer Androgynie war nicht vorstellbar. Wenn ein solcher Wechsel des Geschlechts auch für schimpflich, eine solche Ehe aber für gültig gehalten wurde (Wacke 1989, S. 23), blieb trotz Geschlechtswechsels die Verpflichtung bestehen, sich (wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum) auf ein bestimmtes Geschlecht festzulegen. Außerdem stand diese Wahlfreiheit nur den Personen mit genitaler Uneindeutigkeit offen.

Eine Anomalie der allgemein üblichen Entscheidungspraxis im Sinne Kuhns stellt im 16. Jh. der Fall der/des Thomas(ine) Hall dar. Thomas(ine) Hall wurde 1570 in Newcastle upon Tyne geboren und zog in seiner Jugend als Soldat für England in den Krieg. Anschließend setzte sie ihr Leben als Frau fort, um daraufhin als Mann auf Reisen zu gehen, bevor sie in Virginia als Kammerzofe arbeitete. Das Gericht, vor das Thomas(ine) 1629 zitiert wurde, fand, dass eine fixierte Doppelgeschlechtlichkeit leichter zu akzeptieren sei als eine ständige Metamorphose und stellte öffentlich fest: »Hall is a man and a woman.« (vgl. Greenblatt 1986, S. 329 f.)

Ab dem 18. Jh. wurde dann die Vorstellung einer Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter aufgrund des ›Überwiegens‹ geschlechtstypischer Merkmale, worunter man die Ausformung der Genitalien und der Geschlechtszuschreiben aufgrund von Kleidung, Mimik, Habitus usw. verstand (s. Lindemann, 1992), durch die Vorstellung abgelöst, es gäbe ein ›wahres‹ Geschlecht, das scheinbar selbstverständlich entweder männlich oder aber weiblich sei. Dieses ›wahre‹ Geschlecht galt es herauszufinden. Das Phänomen des Hermaphroditismus, das bis dahin einen Problemfall der Geschlechter-Dichotomie darstellte, wurde nun als ›Pseudo-Hermaphroditismus‹ in das Schema der zwei Geschlechter eingeordnet.

So wurde 1. in Zwitter männlichen Geschlechts unterschieden, deren Exemplare von bartlos-zarten Weibmännern mit schwachen Neigungen zu Frauen bis hin zu Individuen mit außerordentlichen Genitalien reichen sollten; und 2. die Zwitter weiblichen Geschlechts, die neben den durch Ausbleiben der Menstruation entstehenden Mann-Weibern auch Individuen mit vergrößerter Klitoris umfassten, die die Ausschweifung der Tribadie ermögliche. Allerdings war auch diese Kategorisierung nicht ausreichend, so dass Thon als dritte Kategorie die Zwitter mit zweideutigem Geschlecht einführen musste. Thon schätzte die meisten Berichte über diese dritte Kategorie jedoch als »unsichere Beobachtung« ein, wobei er aber gleichzeitig detaillierte Schilderungen der anatomisch observierten Geschlechtsteile eines gewissen Hubert Jean Pierre gab.

Es bestand jedoch Übereinstimmung darüber, dass diese dritte Kategorie letztlich nur ein Problem der genauen juristisch-medizinischen Bestimmbarkeit darstellte. »Mitunter wird der gerichtliche Arzt den Hermaphroditismus wohl einräumen müssen […] oft wird ein vollständiges Urtheil sogar erst nach dem Tode des betreffenden Individuums durch die Sextion zu erlangen seyn« (Ersch & Gruber 1829, S. 285 f.). Daher folgte der Code Civil von 1804 und das gut sechzig Jahre später erlassene BGB der medizinischen Erkenntnis, dass es keine echten Hermaphroditen gäbe, und verzichtete auf eine entsprechende Regelung für die Geschlechterzuordnung. Damit wurde nicht nur die Tradition der zwei sich ausschließenden Geschlechter fortgeschrieben, sondern gleichzeitig auf eine Problematisierung dieser Setzung, wie sie in den mittelalterlichen Sonderregelungen deutlich wird, verzichtet. Statt dessen überließen die Gerichte die Geschlechtsbestimmung weitgehend den Medizinern.

Mit der Fortentwicklung der medizinischen Diagnostik wurde jedoch keine Lösung des Problems erreicht, da sich mit der Entwicklung der Hormon- und Chromosomenanalyse weitere Probleme ergaben. »So wurde z.B. zwischen 1952 und 1958 etwa ebenso viele echte Hermaphroditen veröffentlicht wie in den Jahren 1900–1951« (Overzier 1961, S. 537). Die medizinische Terminologie hat auf der Basis der neuen Geschlechtsbestimmungsmethoden ihren Gegenstand in viele Syndrome aufgefächert: Man kennt nun neben dem echten Hermaphroditismus die ›testikuläre Feminisierung‹, das ›Swyer-‹ und das ›Reifenstein-Syndrom‹, das ›Mayer-Rokiansky-Küster-Hauser-Syndrom‹ und das ›Klinefelter-Syndrom‹. Da diese Syndrome nicht mit zweideutigen Genitalien einhergehen, erfolgt einer Geschlechtszuweisung der Tradition der letzten 2000 Jahre folgend unabhängig vom hormonellen und chromosomalen Befund auf der Basis der Inspektion der Genitalien.

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II. Alternative Konzeptionen der Geschlechter – Das dritte Geschlecht

Vorstellungen eines dritten Geschlechts, das eine Art Zwischenstufe zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht darstellt, finden sich weltweit. Burton (1909) identifiziert eine bestimmte Region, in der sich gehäuft Brauchtum findet, das Burton als ›transsexuelles Brauchtum‹ bezeichnet, und nennt diese Region ›sotadische Zone‹ (nach Sotadeus von Maroneia, 306 bis 246 v. Chr.). Innerhalb dieser sotadischen Zone findet nach Burton eine Vermischung von männlichen und weiblichen Merkmalen statt, die sonst auf der Welt nur sporadisch vorkommt. »…there is a blending of the masculine and feminine temperaments, a crasis which elsewhere occurs only sporadically« (Burton 1909, S. 202). Die sotadische Zone ist durch die Randgebiete des Mittelmeeres begrenzt, verengt sich nach Osten hin und umfasst dort Kleinasien, Mesopotamien, Afghanistan, Sind, Pandschab und Kaschmir, verbreitert sich dann in Indochina und umfasst China, Turkestan, Japan, sämtliche Südseeinseln und die neue Welt. […]

Die Gründe bzw. die Antriebe, aus denen heraus ein sog. Geschlechtswechsel bzw. die Übernahme der Rolle eines Mitglieds des ›dritten Geschlechts‹ erfolgen, sind regional (und individuell) verschieden. Man kann diese Reihe unterschiedlicher Geschlechtskonzeptionen als Anomalien in bezug auf das uns aus unserer abendländischen Kultur heraus selbstverständlich erscheinende Paradigma der zwei sich ausschließenden Geschlechter verstehen.

Wie Andritzky (1993) ausführt, kann ein solcher Wechsel der Geschlechtsrolle als normatives Erfordernis unabhängig vom Willen des Betroffenen erfolgen.

»Kapitan Fernando Alarcon berichtet im Jahr 1540 aus Anicanda, dass es dort bei dem Stamm der Yuma immer vier Weibmänner gäbe. Wenn einer von diesen gestorben ist, werden alle schwangeren Frauen des Landes gezählt. Die erste, welche einen Sohn zur Welt bringt, muss ihn hergeben, damit er die Stelle eines Weibes ausfülle. Die Frauen kleiden ihn dann nach ihrer Tracht ein und bedeuten ihm, dass er auch ihre Arbeit zu leisten verpflichtet sei. Später darf der Transvestit nur mit Männern verkehren, er erhält keinen Lohn, hat aber das Recht, sich alles von anderen Männern zu nehmen, was er zum Leben braucht.« (zit. nach Baumann 1955, S. 23)

»Die Zuni-Indianer suchen in jedem Dorf einen oder mehrere Stammesgenossen aus, um sie geschlechtlich impotent zu machen und bei den religiösen Orgien der Frühlingsfeste päderastischen Zwecken zuzuführen« (Andritzky 1993, S. 28)

Ein anderes Beispiel berichtet Pater Domingo de Santo Thomas, der die sog. ›heiligen Kulturtransvestiten‹ der Yuuca erwähnt. Sie seien in den Tempeln beschäftigte, wie Weiber gekleidete junge Männer, die von Kindheit an auf diesen Beruf hingewiesen und auf ihn vorbereitet würden. (vgl. Karsch-Haack, 1911)

Bleibtreu-Ehrenberg (1984) berichtet, dass es bei den Sononuco Indianern um 1680 n. Chr. Brauch war, dass das sechste männliche Kind, das eine Frau ohne dazwischenliegene Geburt eines Mädchens gebar, als Mädchen aufgezogen wurde.

Der Wechsel der Geschlechtsrolle kann und konnte aber auch auf Wunsch des Betroffenen erfolgen. So zitiert Baumann (1955) einen Beobachter, der über die Situation eines bote (d.h. eines Nicht-Mann-Nicht-Weib) folgendes berichtet: »Trotz aller etwaiger Abhaltungen von seiten der Erwachsenen kann man ein Kind, das Weiberkleider annehmen will, nicht von seinem Vorsatz abbringen« (Baumann 1955, S. 23). Ebenso zitiert Baumann (1955) einen gewissen Pater Marquette (um 1674), dass es bei den Illinois Knaben gäbe, bei denen der Wunsch, ein Mädchen zu werden, schon sehr früh beginnt, wobei die Väter versuchen, sie davon abzuhalten. Männer, bei denen die Transformation in höherem Alter stattfände, erklärten, »dass sie einen Traum oder eine höhere Eingebung hätten und beharren auf ihrem Entschluss, der sie einerseits einer gewissen Verachtung preisgibt, sie gleichzeitig aber als heilig gelten lässt. Sie spielen eine große Rolle im Rat, nehmen an den Kalumet-Festen teil und gelten als manitus oder auserlesene Menschen« (zit. nach Baumann 1955, S. 221 f.).

Andere Beispiele finden sich bei den Mohave (s. Bleibtreu-Ehrenberg, 1984; Devereuy, 1937) und den Dayak auf Borneo (s. Ling-Roth, 1896). Auch bei den Sioux gabe es Fälle von freiwilligem Geschlechtsrollenwechsel, den sog. Otos (vgl. Irving, 1835).

Auch eine dritte Form des Geschlechtswechsels, und zwar als Folge systematischer Förderung durch die Eltern oder die Stammesgruppe, ist bekannt.

Nach Lasnet gibt es bei den Sakalauen Westmadagaskars Männer, »… welche sich vollkommen als Frauen fühlen; schon in früher Jugend als Frauen angesehen, legen sie auch deren Kleidung, Charakter und Gewohnheiten an. Große Sorgfalt legen sie auf die Tracht. Ihr Haar tragen sie lang, Handgelenke und Fußwurzeln werden mit Bändern geschmückt. Um dem Weibe noch ähnlicher zu sehen, bilden sie Brüste durch Lappen nach und entfernen alle Behaarung sorgfältig vom Körper; auch der wiegende weibliche Gang ist ihnen eigen« (Lasnet zit. nach Karsch-Haak 1911, S. 178 f.). Holmberg (1856) berichtet über die sogenannten achnutschik der Konjagen, einem Eskimovolk in Alaska. Es handelt sich um Männer mit tatauiertem Kinn, die nur weibliche Arbeiten verrichten, stets mit den Frauen zusammenwohnen und selbst Männer haben. Sie sind hoch angesehen und meist Zauberer. Die Eltern bestimmten einen Sohn zum achnutschik, wenn er ihnen mädchenhaft erscheint; auch kommt es vor, dass Eltern, die sich wünschten, eine Tochter zu bekommen und sich in ihren Hoffnungen getäuscht sehen, den Sohn zum achnutschik machen (zit. nach Karsch-Haak, 1911).

Formen des kultischen Geschlechtswechsels von Frau zu Mann bilden die Ausnahme, kommen bzw. kamen aber dennoch vor. So schildert Schneeweis (1935) das sog. ›serbokroatischer Transvestitenwesen‹: »Fehlten in einer Familie männliche Nachkommen, die allein zur Durchführung des Ahnenkultes berechtigt waren, dann wurde eine der Töchter als momak devoijka (Bursche-Mädchen) bestimmt. Sie bekam Männerkleider und Waffen, rauchte und nahm an Jagd- und Kriegszügen teil.« (Schneeweis 1935, S. 236 f.)

Die wesentlichen Veränderungen bei den verschiedenen Formen des Geschlechtswechsels umfassen eine Übernahme der konträrsexuellen gesellschaftlichen Rolle, d.h. die Übernahme von traditionell gegengeschlechtlichen Arbeiten und Aufgaben, das Tragen entsprechender Kleidung, Veränderung der Stimmhöhe und der Intonation, außerdem einer Veränderung der Gangart. Dabei waren verschiedene Stufen des Geschlechtsrollenwechsels bekannt. So beschreibt Bogoraz die folgenden Stufen der Transsexualisierung des Mannes bei den Tschuktschen:

Neben diesen verschiedenen Stufen der Übernahme weiblichen Verhaltens finden sich auch unterschiedliche Veränderungen im somatischen Erscheinungsbild. Dabei handelt es sich jedoch hauptsächlich um einen Wechsel der sexuellen Identität im Sinne der Psychosexualität. Das genitale Erscheinungsbild spielt dabei nur einer untergeordnete Rolle. Von daher finden häufig keine körperlichen Veränderungen statt. Vereinzelt finden sich jedoch bei den Männern mit veränderter Geschlechtsidentität eine geschlechtsspezifische weibliche Fettverteilung bis hin zur Ausbildung von Brustdrüsen, über deren Ursache Andritzky spekuliert, »dass auf rein psychischem Wege, etwa autosuggestiv und über konditionierte Lernprozesse, spezifische Nervenbahnen zwischen Cortex und Hypophyse aktiviert werden und die rituellen Transsexuellen so das gleiche Ziel erreichen wie in unserer Gesellschaft mittels Hormonzuführung von außen« (Andritzky 1993, S. 35).

Aber auch über bewusste Veränderungen des männlich-genitalen Erscheinungsbildes wird berichtet. So beschreibt Hammond den Ritus der Zuni-Indianer, ihre kultischen Geschlechtswechsler impotent zu machen und eine Atrophisierung des Hodengewebes zu erreichen:

»Zum mujerado wird einer der kräftigsten Männer jedes Dorfes ausgesucht und an ihm täglich vielmals Masturbation vorgenommen. Zugleich wird er gezwungen, fast ununterbrochen zu reiten, wodurch seine Geschlechtsorgane in einen Zustand reizbarer Schwäche geraten, dass schon die Bewegung auf dem Pferderücken hinreicht, eine Pollution hervorzurufen. Diese Schwäche schreitet fort, bis keine Samenentleerungen mehr eintreten. Penis und Hoden beginnen zu schrumpfen und die Erektionsfähigkeit erlischt. Der mujerado verliert die Lust an seinen früheren Betätigungen, er gesellt sich den Frauen zu und braucht nicht mehr zu arbeiten« (Hammond 1881, S. 38).

Neben dieser forcierten Atrophisierung des Hodengewebes finden sich beispielsweise bei den Hijras in Indien (einer Art Eunuchen-Transvestiten) der Brauch der Entfernung der männlichen Genitalien, um dem Ideal der Geschlechtslosigkeit (»neither male nor female«) gerecht zu werden:

»emasculation is the dharm (case duty) of the hijras, and the chief source of their uniqueness. The hijras carry it out in a ritual context, in which the client sits in front of a picture of the doddness Bahuchara and repeats her name while the operation is being performed. A person who survives the operation becomes one of Bahuchara Mata’s favorites, serving as a vehicle of her power through their sybolic rebirth« (Nanda 1985, S. 39 f.).

Eine dritte Form der genitalverändernden Maßnahmen stellt die sog. mika-Operation bei den australischen Ureinwohnern dar, bei der eine Art Pseudo-Vagina angelegt wird:

»Es handelt sich hierbei um eine Subincision des Penis, der anlässlich der Jünglingsweihe vom Hoden bis zur Eichel an der Unterseite aufgeschlitzt wird. Diese Jünglinge heißen dann »Vulvabesitzer«. Sie gehen mit Knaben, die ihren Penis in den incisierten Penis des Vulvabesitzers einführen, ein Liebesverhältnis auf Zeit ein. Dies geschah bei den Kimberley Melanesiens z.B. immer dann, wenn für einen Jüngling keine Frau zur Verfügung stand, was wegen der Polygynie der Kimberley oft vorkam« (Karsch-Haack 1911, S. 74 f.). Bei etwa zwei Dritteln der männlichen australischen Ureinwohnern soll die mika-Operation durchgeführt worden sein.

Die geschilderten Beispiele machen deutlich, dass die für uns Nordeuropäer (und US-Amerikaner) so vertraute Geschlechterdichotomie keineswegs selbstverständlich ist. Besonders vor dem Hintergrund alternativer Geschlechtskonzeptionen, wie sie über die ganze Welt verbreitet nachgewiesen werden konnten, wird die Aussage Hirschauers, über das Wesen der Geschlechterdichotomisierung als »kulturelle Leistung« deutlich. […] Die Unterscheidung entweder in zwei oder aber in mehrere Geschlechter ist weder falsch noch wahr, sie ist ein Konstrukt bzw. eine Setzung einer (wissenschaftlichen) Gemeinschaft, die die jeweilige Annahme als Grundlage weiterer Untersuchungen betrachtet. […]

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III. Der Gebrauch der Genitalien als Element der Geschlechterunterscheidung (Transsexualität vs. Homosexualität)

In Ihrer Sorge um die Regulierung der Institution ›Ehe‹ behandelten die kirchlichen und und juristischen Codizes alle Formen der sexuellen Praktiken, die nicht der Fortführung der Ehetradition im Sinne einer Zeugung von Christen-Kindern diente, mit Unsicherheit, Indifferenz oder Abscheu. Als einziger Weg der Beschäftigung mit der nicht-christlichen-nicht-reproduktiven Sexualität wurden Strafen angesehen, nicht aber beispielsweise die Auseinandersetzung aus einem wissenschaftlich-analytischen Interesse heraus. So wurde denn auch lange Zeit alles unter dem Begriff der ›Sodomie‹ zusammengefasst, was nicht der Fortpflanzung zwischen Christen diente und als ›unnatürlicher Gebrauch der Zeugungsglieder‹ angesehen. Darunter wurden die Selbstbefriedigung, der Verkehr mit dem gleichen Geschlecht, aber auch mit dem anderen Geschlecht in unnatürlicher Weise, mit Tieren und in der fleischlichen Vermischung mit Ungläubigen, Leichen und dem Teufel verstanden (vgl. Hirschauer 1992, S. 63 f.).

Als eine der schlimmsten Formen der Sodomie galt die sodomitische Praxis zwischen Männern, da mit ihr die Frage der Geschlechterunterscheidung berührt wurde. Seit dem 12. Jh. hatten männliche Sodomiten sexuelle Beziehungen zu Frauen und männlichen Jugendlichen gehabt, ohne ihren Status als Männer einzubüßen Nur eine kleine Gruppe erwachsener Männer, die die gleichgeschlechtliche anale Penetration nicht (nur) durchführten, sondern auch zuließen, büßten vereinzelt ihre geschlechtliche Eindeutigkeit ein und wurden fälschlicherweise als Hermaphroditen bezeichnet. Dies änderte sich allerdings ab dem 18. Jh., als die Alters- und ›aktiv/passiv‹-Unterscheidung an Bedeutung verlor. Jeder gleichgeschlechtliche Akt war auffällig und machte beide Beteiligten zu Angehörigen einer dritten Geschlechtskategorie (s. Ariés, 1984).

Nachdem die polizeiliche Überwachung und Verfolgung des sog. ›Verbrechens gegen die Natur‹ durch den relativ liberalen Code Napoleon ein Ende fand, nahmen sich die Psychiater des Themas an und erstritten sich ihre Zuständigkeit durch die Pathologisierung der gleichgeschlechtlichen Sexualität. Die neue Krankheit wurde zunächst mit Pinels psychiatrischem Konzept des ›moralischen Wahnsinns‹ begriffen (s. auch Bleibtreu-Ehrenberg, 1978), bevor sich ab Mitte des 19. Jh. das weniger moralisierende, biologische Konzept einer angeborenen Konstitutionsanomalie durchsetzte. 1869 verfasste der Schriftsteller Kerthbeny unter dem Pseydonym ›Benkert‹ zwei Broschüren, in denen erstmalig der Begriff ›Homosexualität‹ auftaucht. Darin wandte er sich an den preußischen Justizminister, um Straffreiheit für ›Homosexuelle‹ zu fordern. Zur gleichen Zeit prägte der Amtsassessor Ulrichs den Begriff des sog. ›Urnings‹ als Bezeichnung für homosexuelle Männer und Frauen. Für ihn waren ›Urninge‹ (homosexuelle Männer) zwitterähnliche Männer mit weiblichem Liebestrieb und ›Urninginnen‹ (homosexuelle Frauen) Frauen mit umgekehrter Veranlagung. Ulrichs prägte damals für die Urninge die Formel, die keine hundert Jahre später eine entscheidende Bedeutung für eine Gruppe von Menschen bekommen sollte, die man dann als ›Transsexuelle‹ bezeichnete: »Eine weibliche Seele in einem männlichen Körper gefangen«.

Der Mediziner Westphal zitiert Ulrichs in einer 1870 erschienenen Abhandlung als einen der Fälle von Männern, »die sich als Weiber fühlten, deren sexuelle Neigung sich auf das eigene [d.h. das männliche] Geschlecht richtete« (Westphal 1870), S. 92). Westphal fügt hinzu, und hebt besonders eine Patientin hervor, die ihm durch ihre »Whut, Frauen zu lieben und mit ihnen ausser Scherzen und Küssen Onanie zu treiben« besonders auffiel. Die »Natur« ihrer sexuellen Neigung ist für Westphal die ›conträre Sexualempfindung‹, eine »Verkehrung der Geschlechtsempfindung, das Gefühl, ein männliches Wesen darzustellen«.

Diesem Gedanken der ›conträren Sexualempfindung‹ folgten zahlreiche weitere Kollegen von Westphal, darunter auch Krafft-Ebing, und so meinte der Medizier Gley, dass die ›Konträr-sexuellen‹ ein weibliches Gehirn hätten (s. Springer, 1981; Schwarz, 1983). Chevalier, Charcot und Magnan sprachen von ›Inversion‹ und Laurent von ›psychischem Hermaphroditismus‹. Carpenter konzipierte 1895 ein ›intermediate sex‹, und Ellis sprach 1913 von ›sexual inversion‹. Als Höhepunkt dieser Entwicklung entwickelte Hirschfeld seine Lehre von den ›sexuellen Zwischenstufen‹, die den Homosexuellen als Intersex konzipierte, in dessen Körperbau, Gebiss und Hoden seine Besonderheit messbar dokumentiert ist (Hirschfeld 1928, 1923; vgl. auch Hirschauer, 1992). Foucault charakterisiert die beschriebene Entwicklung mit folgender Aussage:

»Der Homosexuelle des 19. Jahrhunderts ist zu einer Persönlichkeit geworden, die über eine Vergangenheit und eine Kindheit verfügt, einen Charakter, eine Lebensform, und schließlich eine Morphologie mit indiskreter Anatomie und möglicherweise rätselhafter Physiologie besitzt. Nichts von alledem, was er ist, entrinnt seiner Sexualität… Der Sodomit war ein Gestrauchelter, der Homosexuelle ist eine Spezies« (Foucualt 1977, S. 58).

Hirschfeld unterschied vier Gruppen von Geschlechtsmerkmalen: Die Genitalien, andere körperliche Merkmale (wie Behaarung, Stimme, Brustgewebe, Gang, Teint, Knochenbau), den Sexualtrieb und sonstige seelische Eigenschaften. In jeder Gruppe ergaben sich zahlreiche Zwischenstufen: Neben verschiedenen Formen des Hermaphroditismus z.B: Phänomene der ›Gynäkomastie‹, ›Androglottie‹, ›Gynosphysie‹, ›feminae barbatae‹ sowie der ›Succumbieren‹ von Männern »nach Frauenart«, des ›Metarophismus‹, der Bi- und der Homosexualität. Über die systematische Differenzierung weiterer Geschlechtsmerkmale kommt Hirschfeld zu einer achtstelligen (!) Zahl von Geschlechtsvarianten und meinte, es sei leicht, eine Vielfalt zu konzipieren, die die Zahl der Erdbewohner übersteigen würde (s. Hirschfeld 1910, S. 291). Während Thon noch versucht hatte, die schwer bis unentscheidbaren Grenzfälle genitaler Geschlechtlichkeit den Kategorien der Männer und Frauen zuzuordnen, wertete Hirschfeld in seiner Zwischenstufentheorie die unterschiedlichsten und kleinsten Abweichungen zu eigenständigen Geschlechtern auf. Eine von vielen ›seelischen Zwischenstufen‹ stellte für Hirschfeld eine Gruppe dar, für die er die Bezeichnung ›Transvestiten‹ prägte. Ihre nosologische Selbständigkeit liege darin, dass die Effiminierung bei Homosexuellen nur eine Begleiterscheinung, den Transvestiten jedoch wesentlich sei. […]

In der Nachfolge Hirschfelds begannen auch andere Wissenschaftler mit einer stärkeren Differenzierung der Erscheinungen, die vorher unter dem Begriff der Homosexualität zusammengefasst worden waren. So Charakterisiert Ellis 1913 die schon von Hirschfeld als ›Transvestiten‹ bezeichnete Gruppe von Menschen mit den Bezeichnungen ›sexo-aesthetic inversion‹ oder ›Eonism‹. (Die Bezeichnung ›Eonismus‹ leitet sich vom Chevalier d’Éon de Dequemont ab, einem französischen Diplomaten, der im 18. und 19. Jahrhundert lebte und im französischsprachigen Kulturraum einer der berühmtesten Geschlechtswechsler war. Der Chevalie d’Eon hat von den 82 Jahren seines Lebens 49 Jahre als Mann und 33 Jahre als Frau verbracht. Seine Berühmtheit liegt beispielsweise darin begründet, dass er als künstlerische Vorlage des Cherubin aus »Figaros Hochzeit« gedient hat.) Ihm und anderen geht es hauptsächlich darum, die (männlichen) Homosexuellen vom ›Makel‹ der Weiblichkeit zu befreien.

Im Jahr 1918 beschreibt Hirschfeld noch ein weiteres Phänomen: Den ›androgynen Drang‹ nach einer körperlichen Vermännlichung bzw. Verweiblichung, der mittels verschiedener (auch operativer) Manipulationen an Bart, Brust und Genitalien Geschlechtsmerkmale einer intersexuellen Psyche entsprechend zu »korrigieren« trachte (Hirschfeld 1918, S. 130 ff.). Wenn Hirschfeld auch 1923 schon von ›seelischem Transsexualismus‹ spricht (ein Begriff, den er allerdings synonym für Transvestitismus versteht) und Ellis deskriptiv eine große Gruppe von Eonisten, die nur die Kleider des anderen Geschlechts anziehen, von einer kleineren, aber »vollständigeren« Gruppe unterschied, die sich ganz dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, wird der Begriff der ›psychopathia transsexualis‹ erst 1949 von Cauldwell geprägt. Damit war der Grundstein für die Charakterisierung eines Phänomens gelegt, das vier Jahre später als neues Konzept in die Wissenschaft einziehen sollte: Die Transsexualität.

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IV. Die Entwicklung der Transsexologie

1953 wird der Begriff der Transsexualität von Benjamin in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt. In diesem Aufsatz unterscheidet Benjamin Transvestiten und Transsexuelle dadurch, dass Transsexualität von ihm als höchster Grad des Transvestitismus aufgefasst wird: Der Wunsch nach den Kleidern des anderen Geschlechts könne so stark werden, dass eine vollständige Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht erstrebt werde. 1964 behält sich Benjamin dann allerdings vor, umgekehrt den Transvestitismus als mildeste Form der Transsexualität aufzufassen oder eventuell beides zu trennen. Mitte der 60er Jahre etablierte sich der Begriff ›transsexuell‹ für die Vorstellung rein subjektiven Geschlechtsempfindens, wogegen der Transvestitismus im engeren Sinne als eine gelegentliche Praxis des Kleidertauschs aufgefasst und als fetischistisches Sexualverhalten begriffen wird. Auch diese Vorstellung ist nicht unwidersprochen geblieben. So heißt es beispielsweise in der Hamburger Szene-Zeitschrift »Die Freundin«: »Für mich sind Transvestiten nicht Männer, die manchmal Frauenklamotten tragen, sondern Männer, die manchmal Frauen sind« (1983, Nr. 1)

Die Etablierung des Konzeptes der Transsexualität wäre nicht vorstellbar ohne die Entwicklungen der pharmakologischen und chirurgischen Sexualtherapie. So wurde den männlichen Homosexuellen sowohl homolog mit dem Ziel einer Vermännlichung als auch heterolog mit dem Ziel einer triebdämpfenden Entmännlichung behandelt (vgl. Springer, 1981). Der gleiche Expertenkonflikt existierte auch in bezug auf die Behandlung der Transvestien. Benjamins Patienten der 20er Jahre waren oft mit homologen Hormonen behandelt worden, bevor er die Medikation im Sinne eines biologischen ›Tranquilizers‹ umstellte. Dies geschah nicht um eine Operation vorzubereiten, sondern um den Wunsch nach Kleidertausch und Operation zu dämpfen (King 1986, S. 73). Die Behandlung, durch die die Transsexualität zur eigenständigen Kategorie wurde, ist die Genitaloperation. Die neuzeitlichen chirurgischen Bemühungen hatten im Gegensatz zu chirurgischen Manipulationen in anderen Kulturen einen ›therapeutischen‹ Sinn und begrenzte Anwendungsgebiete. Slotopolsky zählt 1925 die Anwendungsgebiete verschiedener sexualchirurgischer Operationen an Männern auf: Die Kastration bei Hypersexualismus (bes. bei schwerem Onanis-mus), Perversionen und – als eugenische Maßnahme – bei Geisteskranken und (Sexual-)Verbrechern, vor allem bei Exhibitionisten; die Steinachoperation zur Sterilisation, Steigerung und Herabsetzung der Libido und zur Verjüngung; die Keimdrüsentransplantation zur Verjüngung, Steigerung der Libido bzw. Dämpfung bei Homosexuellen und für Transvestiten; und schließlich »verstümmelnde und plastische Eingriffe verschiedener Art bei hermaphroditischen Zuständen und bei ›Geschlechtsumwandlungstrieb‹ (Transvestitismus)« (Slotopolsky 1925, S. 105).

Durch die endokrinologische und chirurgische Praxis seit Beginn des 20. Jh. hatte es einen entscheidenden Wandel im Bereich der Geschlechtsbestimmung gegeben. Ulrichs Satz von der weiblichen Seele, die im männlichen Körper gefangen sei, wurde nun wörtlich genommen. Das Verhalten wurde nun nicht mehr als ›falsch‹ bezüglich des Körpers angesehen, sondern der Körper wurde als ›falsch‹ bezüglich der psychischen Sexualität erklärt. Mit dem Scheitern der psychotherapeutischen Behandlungsbemühungen wandte man sich von dem Versuch fort, die Seele dem Körper anzupassen, hin zur Angleichung des Körpers an die Seele.

Den großen öffentlichen Durchbruch fand das Konzept der Transsexualität mit der Behandlung des New Yorker Studenten George (Christine) Jorgensen. Eicher berichtet 1984: »die chirurgische Kastration… (erfolgte) im September 1951. Ein Jahr später amputierte der Chirurg Dahl-Iversen den Penis, Fogh-Anderson formte die Vulva aus Skrotum und ersetzte die Urethra. Im Jahr 1954 wurde in Jew Jersey eine Neovagina konstruiert« (Eicher 1984, S. 8). Als Reaktion auf die internationale Publikation des Falles, der eine sensationelle Aufmerksamkeit in der Weltpresse erreichte, erhielt Hamburger insgesamt 465 Briefe von anderen Menschen, die die Durchführung einer solchen Operation erbaten. Aufgrund dieses Ansturms wurde in Dänemark staatlich verfügt, dass nur dänische Staatsangehörige einer solchen Behandlung in Dänemark unterzogen werden dürften. Daher überwies Hamburger die Verfasser der Briefe an seinen Kollegen Benjamin in New York, der in den Vereinigten Staaten für eine Etablierung des Konzeptes der Transsexualität sorgte.

»Sorgte diese Überweisungspraxis für Kontakte zwischen Operationsnachfragern und Therapeuten, so begann die Erikson Educational Foundation Informationskreise (…) und führte 1964 erstmals Behandler von Transsexuellen zur ›Harry Benjamin Foundation‹ zusammen. Bis in die 80er Jahre folgten neun weitere internationale Symposien. Die schriftliche Kommunikation zwischen Ärzten in Form von Aufsätzen verdreifachte sich in den Jahren zwischen 1965 und 1980« (Hirschauer 1992, S. 80).

Die endgültige Anerkennung des Konzeptes der Transsexualität als eigenständiger wissenschaftlicher Fachbereich erfolgte 1990 mit der Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Transsexologie an der Freien Universität Amsterdam, der mit dem international bekannten Endokrinologen Prof. Gooren besetzt wurde.

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Literaturverzeichnis (rekonstruiert)

Da im Originaldokument leider kein Literaturverzeichnis mehr vorhanden war, habe ich es versucht zu rekonstruieren. Allerdings konnte ich die Quellen nur teilweise herausfinden. Das rekonstruierte Literaturverzeichnis erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

Folgende Quellenangaben konnte ich wiederherstellen:

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Veröffentlicht auf GenderWunderLand mit freundlicher Genehmigung des Autors. Dieser Text ist ein Auszug aus der Diplomarbeit von Dipl.-Psych. Ingo Hohn, vorgelegt in Bonn, im Februar 1995. Du erreichst ihn unter der Adresse Dipl.-Psych. Ingo Hohn, Hartmannstr. 34, 52062 Aachen, Psychologischer Psychotherapeut. Besuche seine Website unter http://www.ingo-hohn.onlinehome.de.

Seite angelegt am 16.05.2004, zuletzt geändert am 03.10.2005.